Postcards to Paul on his 65th Birthday

6 September 1988

Dear Paul,

I've just thought that, although we've known each other for a quarter of a century, we've only met very rarely and almost always by chance. We got to know each other in the winter of 1964/65: I wanted to buy an etymological lexicon in a bookshop on Heidelberg's Uniplatz, and when I entered the shop I fell over a stake of books that you had piled up to take to America. We put the books back together with a bald gentleman who introduced himself as 'Hans Albert', and I'm remembering that most of the books weren't about philosophy, they were about history. Then many years passed before I was invited to a panel discussion about your philosophy in Kassel in the summer of 1977, at which you were present as a Kasselerian guest professor. All I know is that I smoked a joint more or less demonstratively “in combat” on the podium, which put me in a philosophical mood ("What does all this mean...?"), in which I was no longer able to meet the intellectual standards of the discussion. Two or three years later you were a professor at the ETH in Zurich, and Hans and Gretl Albert took me to Switzerland by car. We first spent the evening with a young and wealthy economist near Zurich, whose name I have forgotten. Pretty drunk I left this place with a bottle of oriental alcohol and drove to you to Meilen by all kinds of means of transport because we had arranged to meet. A Turkish lady let me into your house and then locked the doors. You didn't open when I rang the bell because you were already asleep, so I was allowed to spend the night - well equipped with cigarettes and alcohol - in the hallway because the Turkish lady with the key could no longer be found. We last met shortly after that, and that was also 8 years ago, on the street in Zurich. I had been invited to present the Neue Folge of the Suhrkamp edition together with Gershom Scholem, Adolf Muschg and Gertrude Leutenegger in front of a mixed audience and I told them that you couldn't appear in person because you were currently in New Zealand. I learned that from you, but for me it's not New Zealand, but another island... all the best, your Hans Peter

[German Original]

6 September 1988

Lieber Paul,

Ich habe mir gerade überlegt, daß wir uns zwar schon ein viertel Jahrhundert kennen, uns aber nur sehr selten und fast immer aus Zufall getroffen haben. Kennengelernt haben wir uns im Winter 1964/65: Ich wollte mir in einer Buchhandlung am Heidelberger Uniplatz ein etymologisches Lexikon kaufen uns als ich den Laden betrat, fiel ich über einen Bücherstapel, den Du aufgeschichtet hattest, um ihm mit nach Amerika zu nehmen. Wir haben die Bücher gemeinsam mit einem kahlen Herrn, der sich als „Hans Albert“ vorstellte, wieder aufeinander gelegt, wobei ich mich daran erinnere, daß die Bücher meist nicht von Philosophie handelten, sondern von Geschichte. Dann gingen viele Jahre ins Land, bis ich im Sommer 1977 zu einer Podiumsdikussion über Deine Philosophie in Kassel eingeladen wurde, bei der Du als Kasseler Gastprofessor anwesend warst. Ich weiß nur noch, daß ich auf dem Podium „im Gefecht“ mehr oder weniger demonstrativ einen Joint geraucht hab, der mich in eine philosophische Stimmung brachte („Was hat das alles zu bedeuten…?“), in der ich den intellektuellen Standarts der Diskussion nicht mehr Genüge leisten konnte. Zwei, drei Jahre später warst Du dann Professor an der ETH in Zürich, und Hans und Gretl Albert haben mich mit dem Auto in die Schweiz mitgenommen. Den Abend verbrachten wir zunächst bei einem ebenso jungen wie reichen Volkswirtschaftler in der Nähe von Zürich, dessen Namen ich vergessen habe. Ziemlich angetrunken habe ich mit einer Flasche orientalischen Alkohols diesen Ort verlassen und bin mit allerlei Verkehrsmitteln zu Dir nach Meilen gefahren, weil wir uns verabredet hatten. Eine türkische Dame hat mich in Dein Haus gelassen und dann abgeschlossen. Auf mein Klingeln hast Du nicht aufgemacht, weil Du schon geschlafen hast, so daß ich die Nacht - wohl ausgestattet mit Zigaretten und Alkohol – im Hausgang verbringen durfte, weil die türkische Dame mit dem Schlüssel nicht mehr auffindbar war. Das letzte Mal haben wir uns kurz danach, und das ist auch schon 8 Jahre her, auf der Straße in Zürich getroffen. Ich war eingeladen worden, zusammen mit Gerschom Scholem, Adolf Muschg und Gertrude Leutenegger die Neue Folge der edition suhrkamp vor einem gemischten Publikum vorzustellen und dort hab ich erzählt, daß Du nicht persönlich erscheinen könntest, weil Du derzeit in Neuseeland wärst. Das habe ich von dir gelernt, nur ist`s bei mir nicht Neuseeland, sondern eine andere Insel…alles Gute, Dein Hans Peter